Eine Wanderung entlang des Rennsteiges in zwei Teilen
Teil 2
vom 31.05. bis 06.06.2015
(Neustadt a. R. - Blankenstein)
Sonntag, den 31.05.2015
Hurra, endlich ist es wieder soweit. Wir wollen den Rest der im letzten Jahr begonnenen Rennsteigwanderung absolvieren. Da wir diesmal wissen, was auf uns zukommt, sind alle dementsprechend vorbereitet und ausgerüstet. Wir, das sind Anni und Hansi aus der Oberlausitz, Bille und Dieter aus Suhl und Jutta und Harald aus Schleswig–Holstein. Alle 6 sind wir miteinander befreundet bzw. verwandt. Dieter, unser Reiseleiter, hat wie immer alles gründlich vorbereitet. Unterkünfte, Koffertransporte sowie alles Wissenswerte über die Wanderroute sind von ihm organisiert bzw. abgespeichert. Vielen Dank für all Deine Mühen. Treffpunkt ist wieder in Suhl. Von hier werden wir von Bekannten per Auto nach Neustadt am Rennsteig gebracht.
Wir nutzten den Rest des Tages und vor allen Dingen das schöne Wetter, um uns langsam warm zu laufen, denn am nächsten Tag geht es los. Dabei lernten wir einen 18-jährigen jungen Mann kennen, der die Rennsteigwanderung allein in 8 Tagen durchziehen wollte. Er hatte keine Unterkünfte gebucht, denn er hatte seine komplette Zeltausrüstung auf dem Rücken. Wir wünschten ihm „Gut Runst“ und ahnten nicht, dass wir ihn noch einige Male sehen werden. Nach diesem schönen Spaziergang durch den Ort ließen wir den Tag im “Cafe Edelweiß“ bei sehr gutem Essen, Wein und Bier gemütlich ausklingen. Kompliment an die Wirtsleute.
Montag, den 01.06.2015
von Neustadt a. R. nach Friedrichshöhe
Beginn: 09.18 Uhr Ende: 16.20 Uhr
gesamt: 17,8 km aufwärts: 395 Hm abwärts: 385 Hm
Schon nach dem Aufstehen bemerkten wir dicke, dunkle Wolken. Nach einem sehr guten Frühstück und einem kurzen Provianteinkauf ging es auf unsere erste Etappe. Nach ca. 2 km fing ein leichter Nieselregen an, der nach einem weiteren Kilometer in starken Regen überging.
In einer Bushaltestelle zogen wir unsere Regencapes über und weiter ging es. Richtige Wanderer lassen sich vom Regen nicht abschrecken. Es regnete den ganzen Tag, mal mehr, mal weniger. Am Ende des Tages hatten wir durchgeweichte Schuhe und nasse Füße - aber wir ließen uns nicht entmutigen und wanderten geradewegs gen Friedrichshöhe.
In der Bushaltestelle trafen wir auch den jungen Mann vom Vortag wieder. Er hatte die Nacht mit seinem Zelt unweit des Wanderweges gecampt. Der Regen schreckte ihn ebenfalls nicht ab und er lief zügig vor uns den Rennsteig weiter. Er beeindruckte uns sehr, da nicht mehr viele junge Menschen so naturverbunden sind.
Unser Wandertag verging wie im Flug, da wir viel zu erzählen hatten und viel gelacht haben. An einem Unterstand machten wir Picknick und stärkten uns. Zur Aufwärmung dienten kleine Absacker.Mit Spannung liefen wir der nächsten Unterkunft, der Pension "Zum Rennsteig" in Friedrichshöhe entgegen.
Wir freuten uns schon auf schöne Zimmer und eine warme Dusche. Zwei Zimmer entsprachen unseren Vorstellungen. Doch das Zimmer von Bille und Dieter war sehr klein, hatte getrennte Betten und eins davon noch zu klein. Für uns vollkommen unverständlich, denn es gab noch andere freie Zimmer, die unseren Zimmern gleichwertig waren. Außerdem waren die Zimmer bereits lange im Voraus gebucht.
Nach dem Duschen ging es in die Gaststätte, die bei uns allen in schlechter Erinnerung blieb. Der Gastwirt war nicht gerade freundlich.
Auf unsere Frage nach einem Jagertee (bei diesem Wetter verständlich) antwortete er patzig: “Wenn Sie Jagertee trinken wollen, müssen Sie nach Österreich fahren!" In diesem Ton ging es dann weiter.
Eine Speisekarte gab es nicht. Wir wurden aufgefordert, zum Tresen zu gehen und eine Tafel, auf denen die Speisen geschrieben standen, zu lesen. Unsere Reizschwelle war erreicht. Zu dem Zeitpunkt wussten wir leider nicht, dass es noch eine andere Lokalität in dem Ort gab, sonst wären wir sofort aufgestanden.
Schade, denn mit dem Essen kam die Krönung. Der halbe Meter Thüringer Bratwurst war teilweise angebrannt. Mein Schnitzel war viel zu dick und die Panade war nicht knusprig sondern pappig verklebt. So könnte ich weiter berichten, aber da wir diese Lokalität nie wieder aufsuchen werden, lasse ich es sein.
Positiv zu erwähnen war der Heizungsraum, wo unsere Wanderschuhe und Sachen gut trocknen konnten. Selbst beim Bezahlen am nächsten Morgen gab es mit dem Wirt Probleme. Er wollte sich zunächst nicht an die vorher vereinbarten Zimmerpreise halten. Leider hat der Wirt seit der Wende 1989 nicht viel dazugelernt.
Dienstag, den 02.06.2015
von Friedrichshöhe nach Ernstthal (bei Neuhaus)
Beginn: 09.32 Uhr Ende: 17.05 Uhr
gesamt: 18,3 km aufwärts: 301 Hm abwärts 308 Hm
Aufstehen, Blick aus dem Fenster und was sehen wir – kein Regen.
Es ist zwar bewölkt, aber den ganzen Tag soll es trocken bleiben. Das Smartphone bestätigte uns das Wetter und den eingeschlagenen Kurs.
Seit unserer letzten Wanderung ist ein Jahr vergangen und es gibt jetzt viel zu erzählen. Auch heute trafen wir unseren jungen Wanderer wieder. Morgens überholte er uns und nachmittags kam er aus einer Ortschaft abseits des Rennsteiges wieder hinter uns her. Er musste unbedingt in den Ort, um sich Blasenpflaster zu kaufen. Leider hatte er bereits am dritten Tag große Blasen an beiden Füßen. Doch er gab nicht auf und meinte nur: „Da muss ich durch“. Wir wünschten ihn weiterhin viel Glück und „Gut Runst“. Auf unseren restlichen Etappen haben wir ihn dann nicht mehr getroffen.
Kurz vor Neuhaus am Rennweg mussten wir wegen Holzeinschlag einen kleinen Umweg laufen. Ungeahnt führte uns dieser an einen Rastplatz mit schöner Aussicht auf die Talsperre Scheibe-Alsbach vorbei.
Am späten Nachmittag erreichten wir unser Ziel trotz kleinem Umweg, da die Beschilderung am Ortseingang von Ernstthal etwas irreführend war. So schafften wir 18 km und freuten uns umso mehr, dass die Sonne schien, es eine kleine Terrasse vor dem Haus unserer Unterkunft dem „Waldstüble“ gab und vor allem das frisch gezapfte Bier sehr gut schmeckte.
Nach dem Frischmachen ging es in die Gaststube. Hier hatten wir heute einen sehr schönen Abend. Das Essen schmeckte ausgezeichnet und die Wirtsleute waren sehr freundlich. Wir Schleswig-Holsteiner aßen sogar zweimal ein Thüringer Rostbrätel. Die waren super lecker! Der Abend wurde noch schöner und erlebnisreicher, als am Nachbartisch die Ortsgruppe Ernstthal des Rennsteigvereins alte Lieder gesungen und Gedichte vorgetragen hat.
Anschließend erzählte der 94-jährige Wilhelm, selbst Mitglied seit frühester Jugend, lebensnahe Geschichten aus dem Verein und von sich. Besonders die amourösen Episoden vom Frauenheld, Herrn Berger, werden uns ewig in Erinnerung bleiben. Wilhelm war der Älteste des Vereins und sang sogar ein Lied für uns.
Wir waren begeistert über so viel Lebensfreude, Ausdauer und Kraft, die dieser Mann hatte. „Der Berger, der labt nimmer …“ war auf unserer Wanderung noch oft ein lustiges Gesprächsthema. Das „Waldstüble“ und seine Wirtsleute haben uns sehr gut gefallen. Jederzeit wieder.
Mittwoch, den 03.06.2015
von Ernstthal nach Steinbach am Wald
Beginn: 09.22 Uhr Ende: 16.55 Uhr
gesamt: 20,5 kam aufwärts: 306 Hm abwärts: 527 Hm
Es war ein wunderschöner Morgen. Nach einem reichhaltigen Frühstück machten wir uns auf den Weg. Vor uns lagen mehr als 20 km. Unser heutiges Ziel war die Ferienwohnung „Kremer“ im Frankenland.
An der "Kalten Küche" erreichten wir die ehemalige innerdeutsche Grenze an der Stelle, wo gleich 3 Naturparks zusammentreffen: "Thüringer Wald" - "Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale" - "Frankenwald". Am 28.04.1990 wurde die Grenze geöffnet, so dass seitdem der Rennsteig wieder durchgängig begangen werden kann.
Obwohl die Natur den Grenzstreifen zum "Grünen Band" entwickelt hat, ist er nach 25 Jahren noch zu erkennen.
Nach der Rast ging es weiter. Das Wetter meinte es ab heute sehr gut mit uns. Es wurde immer wärmer. Bei dem schönen Wetter trällerten wir auch wieder Rennsteig– und Wanderlieder.
Die Zeit verging dadurch sehr schnell und wir merkten kaum, dass wir die 20 km Marke bald überschritten hatten und uns bereits im Frankenland befanden. Trotzdem waren wir froh als wir endlich unser Ziel erreicht hatten.
In unserer Unterkunft machten wir uns frisch und gingen in die Stadt, um unseren Proviant aufzufüllen und Getränke für den Abend zu kaufen. Der Supermarkt war leider am anderen Ende der Stadt. Die Frauen suchten ein gutes Restaurant und wir Männer liefen zum weit entfernten Supermarkt. Danach freuten wir uns umso mehr auf das leckere Essen und natürlich das Bier.
Donnerstag, den 04.06.2015
von Steinbach am Wald nach Grumbach
Beginn: 10.00 Uhr Ende: 17.00 Uhr
gesamt: 15,7 km aufwärts: 386 Hm abwärts: 286 Hm
Der heutige Tag versprach sehr warm zu werden. Wir zogen uns gleich zu Beginn luftig an. Die vor uns liegende Etappe war trotz eines kleinen Umweges nur ca. 16 km lang. Der geplante Umweg war ein kurzer Abstecher zum Altvaterturm bei Brennersgrün.
Auf dem ersten Teil des Weges hatten wir wieder eine schöne Begegnung. Es kamen uns drei Wanderer, etwas älter als wir, entgegen. Wir grüßten mit „Gut Runst“, was der erste wiederholte. Der zweite grüßte mit „Moin“ und ich antwortete mit „Moin, Moin“. Daraufhin fragte der Dritte „Hamburger?“. Ich antwortete „Nein, Ahrensburger“. Daraufhin sagte er „ Ich auch“. So klein ist die Welt. Es stellte sich heraus, dass er früher zwei Straßen hinter uns gewohnt hat, jetzt aber im Allgäu lebte. Sein Bruder, der ebenfalls dabei war, wohnt noch in Ahrensburg. Der dritte Wandersmann kam aus dem Allgäu. Wir unterhielten uns noch eine Weile und zogen dann weiter.
Sehr empfehlenswert ist der "Schönwappenweg", ein Abschnitt auf dem Rennsteig mit zahlreichen Wappensteinen. Daneben stehen kleine Tafeln mit Telefonnummern, über die man Erklärungen zu den Steinen erhalten kann.
Unsere heutige Mittagspause machten wir direkt am ehemaligen Grenzstreifen. Die Temperaturen waren gegen Mittag auf 28 Grad gestiegen und wir verlängerten unsere Rast und stärkten uns für den restlichen Weg. Anschließend liefen wir weiter und verließen den Naturpark Frankenwald. Der Frankenwald sowie der Thüringer Wald sind sich sehr ähnlich von der Natur. Man kann in den Wäldern herrliche Wandertouren unternehmen.
Weiter ging es zu unserer Unterkunft in Grumbach, der Trattoria-Pizzeria "La Famiglia" mit einem schönen Biergarten vor dem Haus. Bei den sommerlichen Temperaturen schmeckte uns das Bier ausgezeichnet.
Zu Abend aßen wir in der sehr gut besuchten Pizzeria. Der Wirt war sehr sympathisch und so nahmen wir es ihm auch nicht übel, dass wir wegen Startschwierigkeiten in der Küche fast zwei Stunden auf unser Essen warten mussten. Zumindest hatten wir unsere Getränke. Selbst sein 8-jähriger, lebhafter Sohn Luca unterstützte ihn beim Servieren. Es war ein sehr lustiger Abend und so verging die Wartezeit sehr schnell. Die Speisen schmeckten uns ausgezeichnet.
Freitag, den 05.06.2015
von Grumbach nach Blankenstein
Beginn: 09.23 Uhr Ende: 17.55 Uhr
gesamt: 20,1 km aufwärts: 316 Hm abwärts: 512
Heute beginnt unsere letzte Etappe und es war der wärmste Tag unserer Wanderung. Die Temperaturen stiegen über 30 Grad Celsius. Trotzdem blieben wir dem Motto treu - der Weg ist das Ziel. Wir verließen am Nachmittag den grünen Thüringer Wald. Die letzten 5 km bis zur Selbitzbrücke in Blankenstein liefen wir fast ausschließlich in der Sonne.
Als Abschluss der Rennsteigwanderung mussten wir die Steine aus der Werra in die Selbitz/Saale werfen, denn das ist der Brauch, der in Hörschel geschrieben stand. Unser Reiseleiter Dieter wirft als Erster den Stein der Werra in die Selbitz. Alle holten ihre Steine aus den Rucksäcken und taten es Dieter gleich.
Wer wollte, konnte sich jetzt noch eine Urkunde als Erinnerung an die Rennsteigwanderung holen. Zu unserer letzten Unterkunft, dem "Gasthof Blankenberg", mussten wir noch einen steilen Anstieg zum OT Blankenberg bewältigen. Ein langer Abend, der nur durch den Abbruch des Wirtes zu Ende ging, ließ den Wandertag ausklingen.
Samstag, den 06.06.2015
Blankenstein Sightseeing-Tour
Beginn: irgendwann nach dem Frühstück
Ende: nach Kaffee, Eis und Thüringer Bratwurst
Gesamt: 4,9 km abwärts: 162 Hm aufwärts: 162 Hm
Nach einem ausgiebigen Frühstück besichtigten wir die alte Burganlage von Blankenberg und schauten von oben auf die Saale und das Frankenland.
Dann ging es nach Blankenstein abwärts und so schafften wir auch noch unsere 100 km Gesamtlänge auf dem zweiten Teil unserer Rennsteigwanderung. Am Wanderstützpunkt (Tourist-Info) gab es Thüringer Bratwürste und die wollten wir uns nicht entgehen lassen, denn auf unserer diesjährigen Wanderstrecke hatten wir keine "echte" Thüringer Bratwurst bekommen.
Zurück in Blankenberg organisierte Dieter den Schlüssel der Dorfkirche und überraschte uns wieder mit einem kleinen Orgelkonzert. Den späten Nachmittag genossen wir auf der Terrasse des Gasthofes Blankenberg. Am nächsten Morgen ging es per Bahn nach Suhl. Unser Gepäck wurde am Bahnhof abgeholt und wir liefen als geübte und durchtrainierte Wanderer zu Fuß. Wir saßen anschließend im Garten bei Bille und Dieter und bereiteten uns auf den Abschied vor mit dem Versprechen im nächsten Jahr den Rheinsteig zu bewandern.
=> zum Teil 1 unserer Rennsteigwanderung im Jahr 2014
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