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Rennsteigwanderung ist keine Survivaltour, sondern Urlaub!

Die ersten Überlegungen zu einer Rennsteigwanderung hatte ich im Jahr 2019 und wollte sie im Frühjahr 2020 machen. Doch dann kam Corona und ich legte meine Planung vorerst auf Eis. Für 2022 nahm ich es erneut in Angriff. Bei meiner Planung orientierte ich mich auch an verschiedenen Reiseberichten anderer Rennsteigwanderungen. Daher möchte ich mit meinen Erfahrungen auch andere bei ihrer Planung unterstützen.

Zuerst legte ich die Etappenanzahl fest. Ca. 20 km pro Tag hielt ich für angemessen. Es sollte ja auch noch Zeit für ausreichend Fotopausen sein. Also waren es 8 Tages-Etappen. Für die Übernachtungen buchte ich Unterkünfte vor.

Die zahlreichen Schutzhütten entlang des Rennsteiges sind für Übernachtungen zwar geeignet, waren aber für mich persönlich keine wirkliche Option - die Tour sollte nämlich im April stattfinden. Außerdem besteht die Gefahr, dass eine Wunsch-Schutzhütte bereits belegt ist. Eine Vorreservierung ist ja nicht möglich. Weiterhin konnte ich so natürlich auch Gepäck einsparen. Keinen Schlafsack, keine ISO-Matte, keine zusätzliche Verpflegung oder Wasservorrat. Dennoch kam ich auf ca. 13 kg Gepäck (inkl. kleiner Fotoausrüstung).

Zum Thema Gepäck noch ein Tipp. Ich bin ca. eine Woche vorher eine Tagestour von 24 Kilometern mit kompletter Ausrüstung und Gepäck gelaufen, die ich auch bei der Rennsteigwanderung dabei habe. So konnte ich mich gut auf die Gegebenheiten einstellen. Fazit von der Probewanderung: Mütze und Handschuhe einpacken und noch neue Wanderschuhe kaufen. Die Sohle war gebrochen.

Eins noch vorweg: Wir - das sind Susi & Ronny - sind die Tour zu zweit gelaufen. So konnten wir uns gemeinsam und gegenseitig motivieren!

Tag 1 - 09.04.2022

Etappe von Hörschel nach Ascherbrück - Kilometer: 19 - 454 Höhenmeter aufwärts; 111 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Hubertushaus Ruhla

Start der Tour war der Hauptbahnhof Erfurt. Nebenbei wollten wir auch testen, ob man autofrei unterwegs sein kann: ja, es geht! Mit dem ICE fuhren wir nach Eisenach und dann mit der Regionalbahn weiter nach Hörschel. Ankunft: 09:09 Uhr. Es stiegen noch ein paar andere Fahrgäste aus. Später stellte sich heraus, dass sie auch den Rennsteig erwandern. Erstes Ziel war der Rennsteigbeginn am Werraufer (ist ausgeschildert). Dort gab es das obligatorische Foto am Wegweiser und wir steckten einen Kieselstein aus der Werra ein. Der wird dann in 8 Tagen am Ziel in die Saale, bzw. Selbitz geworfen - so schreibt es die Tradition vor und soll nebenbei Glück bringen. Übrigens stehen am Rennsteigbeginn Toiletten zur Verfügung.

Hier trafen wir übrigens eine Familie mit 3 Kindern - das jüngste Kind war 8 Jahre. Ihr Ziel war auch Blankenstein, also der gesamte Rennsteig. Respekt! Mal sehen, ob sie es schaffen.

Aber nun geht's los. Es ging gleich ordentlich nach oben auf den Eichelberg. Die Körpertemperatur stieg also schnell. Hier hat man einen wunderbaren Blick Richtung Westen und auch Richtung Osten zur Wartburg. Auf dem Eichelberg steht zudem die erste Schutzhütte. Sie ist übrigens das Januar-Motiv für meinen Fotokalender 2023 "Der Rennsteig".

Der weitere Weg führt über sanfte Hügel, vorbei an kleinen Laubwäldern und auch ein Stück auf der Straße durch die Ortschaft Clausberg. Das Wetter war echt schön. Ziemlich viel Sonne. Wir brauchten sogar Sonnencreme. Die hatten wir aber zum Glück eingepackt. Nach ca. 8 km erreichten wir den Vachaer Stein. Hier querte bereits im Jahr 1833 eine Handelsstraße den Rennsteig. Heute ist es die B84. Der Weg führt nun weiter um Eisenach herum Richtung Südwesten. Man hat hier mehrfach die Möglichkeit die Wartburg zu sichten, so dass es auch einige Aussichtspunkte "Wartburgblick" gibt. Der Wartburgblick am Vachaer Stein ist übrigens das Februar-Motiv meines Fotokalenders 2023 "Der Rennsteig".

Nächstes Zwischenziel ist die Wilde Sau (11,5 Kilometer ab Hörschel). Dort steht das älteste datierte Steinkreuz des Rennsteigs und soll im Geburtsjahr Luthers 1483 aufgestellt worden sein. Auch hier hat man wieder einen schönen Blick auf die Wartburg. Weiter geht's ca. 2,5 Kilometer auf gleicher Höhe - also ohne größeren Auf- und Abstieg bis kurz vor die Hohe Sonne. Hier kreuzt man den Wanderweg aus der Drachenschlucht. Leider war die Hohe Sonne an diesem Tag geschlossen, so dass eine Thüringer Bratwurst noch auf sich warten lassen musste. Der Rennsteig führt hier nun weiter über die B19 Richtung Ruhla. Spätestens auf diesem Streckenabschnitt war der Kahlschlag im Thüringer Wald unübersehbar. Erschreckend wie sich die Landschaft dadurch verändert. Die letzten Kilometer der Etappe 1 hatten es in sich. Ca. 150 Höhenmeter und 4,5 Kilometer bis zum Tagesziel. Gegen 16 Uhr erreichten wir das Hubertushaus in Ascherbrück bei Ruhla. Die Familie mit den drei Kindern war übrigens schon da. In der Unterkunft gibt es die Möglichkeit zu Abend zu essen. Wir hatten allerdings noch einiges an Proviant übrig. Essen, Duschen, aufwärmen und regenerieren - so wurde Tag 1 beendet.

Tag 2 - 10.04.2022

Etappe von Ascherbrück zur Ebertswiese - 25 Kilometer - 626 Höhenmeter aufwärts; 437 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Nesselhof in Floh-Seligenthal

Am Tag 2 wartete die anspruchsvollste Etappe auf uns. 27 Kilometer (2 Kilometer zusätzlich zur Unterkunft), die meisten Höhenmeter und der zweithöchste Punkt - der Inselsberg - wurde überquert. Der Blick aus dem Fenster verriet: Es war kalt und hat über Nacht leicht geschneit. Aber wir waren fit und erst einmal wartete ein leckeres Frühstück im Hubertushaus auf uns. Perfekte Stärkung für den Tag 2! Der Frühstücksraum war gut gefüllt. Einige bekannte Gesichter waren dabei und ich vermute, es waren alles Rennsteigwanderer.

Kurz vor 9 Uhr waren wir wieder unterwegs. Die ersten Schritte fielen etwas schwer, aber es ist erstaunlich wie schnell sich der Körper über Nacht regenerieren kann. Die ersten 5 Kilometer ging es ca. 130 Meter nach oben bis zum Glöckner, das ist eine Felsformation und Aussichtspunkt auf ca. 702 Metern NN. Der Glöckner ist übrigens das März-Motiv meines Fotokalenders "Der Rennsteig". Vom Glöckner geht es dann abwärts bis zur Wallfahrt - ein großer Parkplatz (auch Wohnmobilstellplatz) mit Imbiss. Zuvor kommt man allerdings noch an der "Schutzhütte der Extraklasse" vorbei. Neben einer Rast hat man hier auch die Möglichkeit zu übernachten. 2 breite Bänke dienen gleichzeitig als Liegeplätze. Wie bereits erwähnt haben wir diese Art der Übernachtung nicht in Anspruch genommen. Aber irgendwann werde ich es testen. Nach ca. 9 Kilometern erreichten wir die Waldschänke Dreiherrenstein. Hier machten wir eine kurze Snackpause, bevor es Richtung Inselsberg ging. Übrigens gibt es entlang des Rennsteiges 13 Dreiherrensteine. Diese symbolisierten als Grenzsteine früher die Stelle an der Ländereien von drei "Herrschaften" aufeinandertreffen.

Der Rennsteig führte nun zur Brotteroder Hütte. Ab hier ging es hoch auf den Inselsberg. Wir sahen schon von weitem, dass dunkle graue Wolken heranzogen. Unser Aufstieg wurde schließlich von Graupel begleitet. Es waren 0°C und unsere Kleidung wurde auf die Probe gestellt. Wir kamen aber gut auf dem Großen Inselsberg gegen ca. 14:30 Uhr an. Also rein in den Berggasthof Stöhr zum verspäteten Mittagessen und aufwärmen. Gegen 15:30 Uhr waren wir wieder auf Tour, schließlich lagen noch 13,5 Kilometer vor uns. Übrigens ist der Große Inselsberg das April-Motiv meines Fotokalenders 2023. Nun ging es aber erst einmal bergab bis zum kleinen Inselsberg, vorbei am Heuberghaus und Spießberg. Kurz vor Ende nahmen wir noch einen klitzekleinen Umweg zum Spitterblick in Kauf und konnten von oben auf den Steinbruch Spittergrund schauen. Ganz in der Nähe ist auch der Wasserfall Spittergrund. Den haben wir jedoch aus Zeitmangel nicht aufgesucht.

Am Ende der zweiten Etappe kamen wir schließlich an der Ebertswiese an. Das ist wirklich ein traumhafter Ort im Thüringer Wald. Den Besuch des Bergsees hoben wir uns aufgrund der fortgeschrittenen Zeit für den nächsten Morgen auf. Also ging es runter vom Rennsteig hinab zur Pension nach Nesselhof. Zum Abendessen gab es jeweils 2 Portionen Backcamenbert und Jagertee. Wunderbar! Den Rest des Abends erholten wir uns von dieser Etappe.

Tag 3 - 11.04.2022

Etappe von der Ebertswiese nach Oberhof - 19 Kilometer - 353 Höhenmeter aufwärts; 179 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Wagners Sporthotel Oberhof

Den Morgen des dritten Tages starteten wir wieder mit einem herzhaften Frühstück und konnten uns auch ein kleines Lunchpaket packen, denn auf der Route am Tag 3 gab es keine Verpflegungsmöglichkeit. Beim Frühstück erzählte uns der Wirt, dass er voraussichtlich Ende des Jahres seine Pension aus Altersgründen schließen wird. Einen Nachfolger hatte er bisher nicht finden können.

Ca. 9 Uhr starteten wir. Erst einmal ging es von Nesselhof wieder hoch zum Rennsteig. Der Weg war sehr steil, so dass uns schnell warm wurde. Bevor es Richtung Oberhof weiter ging, machten wir noch einen kurzen Abstecher (5 km zusätzlich) zum Bergsee an der Ebertswiese. Aber das hatte sich definitiv gelohnt. Der Bergsee ist morgens traumhaft schön. Kein Lärm, keine Besucher, nur das Zwitschern der Vögel war zu hören. Ein paar Rehe waren auch auf Futtersuche. Der Bergsee an der Ebertswiese ist das Mai-Motiv meines Fotokalenders 2023 "Der Rennsteig".

Über die Hohe Leite führte der Weg zur Neuen Ausspanne. Hier kamen wir mit ein paar Arbeitern ins Gespräch, die dort Kaffeepause machten. Sie sagten uns, dass rund um Oberhof noch richtig viel Schnee liegt. Aber bis Oberhof ist es ja noch ein Stück. Wir kamen vorbei am Aussichtsturm Krämerod. Von der Aussichtsplattform hat man einen schönen Blick über den Thüringer Wald. Als nächstes kamen wir zur Schutzhütte an der Weidensuhlswiese und dem Sperrhügel. Ab hier geht es aufwärts. 135 Höhenmeter in 2 Kilometern. Und der Schnee wurde mit jedem Höhenmeter mehr. Ab dem Sperrhügel hatten wir auf einer Strecke von ca. 30 Kilometern Schnee. Das war dann schon ziemlich anstrengend und man hatte irgendwie das Gefühl, das ein Kilometer länger war als sonst. Aber es gab nicht nur Schnee, sondern auch Sonnenschein.

Am Hohen Schorn legten wir ein längere Pause ein und nutzten das schöne Wetter für ein kleines Sonnenbad. Mein Tipp an der Stelle: Bei längeren Pausen raus aus den Wanderschuhen und den Füßen Frischluft gönnen. Danach trockene Socken anziehen. So minimiert man das Risiko von Blasenbildungen deutlich. Kurz vor Oberhof verläuft der Rennsteig durch den Olympiastützpunkt. Es kann durchaus sein, dass man auf Sportler trifft, die hier trainieren. Also Vorsicht und auf die Beschilderung achten. Wir erreichten kurze Zeit später den bekannten Grenzadler - ein Flurdenkmal, der früher die Grenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Herzogtum Sachsen-Coburg Gotha markierte. Unsere Unterkunft - das Wagners Sporthotel Oberhof - lag nicht direkt auf dem Rennsteig. Wir mussten also den Kammweg verlassen und ca. einen Kilometer in den Ort laufen. Insgesamt kamen wir also am Tag 3 auf 25 Kilometer. Beim Aufenthalt im Sporthotel gönnten wir uns dann einen Saunabesuch und ein leckeres 3-Gänge Menü inkl. Cocktail. Ein bisschen Luxus muss schon sein.

Tag 4 - 12.04.2022

Etappe von Oberhof nach Allzunah - 20 Kilometer - 419 Höhenmeter aufwärts; 389 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Rennsteigzimmer "Allzunah 9"

Die Nacht war sehr erholsam und das Frühstück im Hotel vortrefflich. Für 10 Euro pro Person konnten wir auch ein Lunchpaket packen. Erstmals fielen uns einige Wanderer auf, die wir zuvor auf der Strecke gesehen haben. Man grüßte sich mit einem "Gut Runst".

Dann ging es wieder so gehen 9 Uhr auf den Weg. Diesmal brauchten wir etwas länger um in den Rhythmus zu kommen. Zum einen lag es am Schnee(matsch), der das Laufen erschwerte und zum anderen hatten wir bereits 70 Kilometer in den Beinen. Das merkt man doch irgendwann. Gegenseitig motivierten wir uns, denn heute überquerten wir den höchsten Punkt des Rennsteiges. Danach geht's ja nur noch bergab!

Der Weg führte vorbei am Rondell, dem Pfanntalskopf und der Suhler Ausspanne bis zum höchsten Punkt. Der Rennsteig ist hier 973 Meter hoch. Kurz dahinter befindet sich die Plänckners Aussicht. Julius Plänckner war ein deutscher Kartograph, der im Jahr 1829 die erste durchgehende Rennsteigwanderung unternommen hatte. Die Plänckners Aussicht eignet sich hervorragend für eine Rast. Hier gibt es Sitzmöglichkeiten, Tische und eine Aussichtsplattform. Bei gutem Wetter kann man hier prima bis nach Suhl blicken. Der Weg führt weiter durch ein sehr schönes Stück Wald vorbei am Schneekopf mit der Neuen Gehlberger Hütte (linker Hand) und der Suhler Hütte (rechter Hand) bis zur Schmücke. In eine der beiden Hütten sollte man in jedem Fall einkehren. Die Neue Gehlberger ist übrigens das Juni-Motiv meines Fotokalenders 2023.

Der weitere Weg führt an der Schmücke vorbei bergab Richtung Mordfleck. Zuvor erreichen wir den Herbert Roth-Gedenkstein. Nun bietet es sich an das Rennsteiglied anzustimmen. Mal sehen wer textsicher ist. Wir nutzten den Spot für eine kleine Rast und Pause für unsere Füße - Frischluft und trockene Socken! Dann geht's weiter Richtung Mordfleck. Die Herkunft des Namens dieser Lichtung ist bis heute umstritten. Vermutlich ist er auf eine sumpfige moorige Landschaft zurückzuführen. Diese These erscheint mir glaubwürdiger als die der Bluttat, die hier passiert sein soll, denn hier gibt es eine Feuchtwiese mit seltener Flora. Eine weitere Bestätigung meiner These offenbarte sich ein paar Meter weiter im Wald. Hier befindet sich die "Alte Tränke". Das ist eine Lichtung am Südhang des Finsterberges, an dem schon im Mittelalter die Thüringer Grafen ihr Vieh grasen und tränken ließen. Hier befindet sich auch das Quellgebiet der "Nahe". Der Schnee wurde hier auch weniger, das Tauwasser aber mehr. Dann ging es ca. 4 Kilometer bergab bis zum Rennsteig-Bahnhof Schmiedefeld. Auf ca. 750 Metern Höhe ist er der zweithöchstgelegene Bahnhof Thüringens. Übrigens, der Bahnhof ist das Juli-Motiv meines Fotokalenders "Der Rennsteig".

Die restlichen 1,8 km der Etappe waren entspannt, also ließen wir uns etwas Zeit und kamen stressfrei an der Unterkunft an. Hier erwartete uns Frau Schröpfer. Wir hatten bei ihr eine Ferienwohnung gebucht - eigentlich zu viel Platz für uns zwei, aber die Unterkunft hat uns einfach so gut gefallen. Die Wohnung ist sehr liebevoll eingerichtet. In der eigenen Küche waren die Getränke bereits kalt gestellt, so dass wir uns nur noch um das Abendessen kümmern mussten. Wir entschieden uns für zwei indische Gerichte aus der Rennsteig-Pizzeria Schmiedefeld inkl. Anlieferung. Herrlich!

Tag 5 - 13.04.2022

Etappe von Allzunah nach Friedrichshöhe - 24 Kilometer - 213 Höhenmeter aufwärts; 326 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Pension "Hirschblick"

Guten Morgen in Allzunah. Wir haben hervorragend geschlafen und wollten so gar nicht aufstehen. Also ließen wir es gemütlich angehen. Auch beim Frühstück nahmen wir uns Zeit, so dass wir auch erst gegen 10 Uhr auf der Strecke waren. Nicht weit von Allzunah entfernt, kurz hinter der Waldbaude Dreiherrenstein, befindet sich der Mittelpunkt des Rennsteiges. Wir haben tatsächlich schon 84,646 km zurück gelegt?! Ein wenig Stolz überkommt uns und gibt Motivation für die zweite Hälfte der Tour. Ehrgeizig wanderten wir weiter Richtung Neustadt am Rennsteig. Auf diesem Streckenabschnitt führt der Weg an einer großen Lichtung vorbei. Ideal um auf der Wiese die herrliche Aprilsonne zu genießen. Dann ging es weiter nach Neustadt am Rennsteig. Hier führt der Rennsteig einmal quer durch den Ort. Danach ca. 6 km entlang der Straße - ziemlich unspektakulär. Einziger Vorteil: Es geht bergab und wir legten innerhalb kürzester Zeit ordentlich Wegstrecke zurück. An der Schwalbenhauptwiese bogen wir wieder in den Wald und es ging ordentlich bergauf. 130 Höhenmeter auf 1,6 km Strecke. Oben angekommen brauchten unsere Füße erst einmal Frischluft und frische Socken.

Eine lange Pause erlaubten wir uns allerdings nicht, denn es warteten noch 9 Kilometer auf uns. Der Weg führte nun durch den Wald hinab bis nach Masserberg. Dort hielten wir uns auch nicht lange auf, denn es war inzwischen spät geworden. Sicherheitshalber sagte ich in der Unterkunft Bescheid, dass wir vor 19 Uhr nicht mehr ankommen. Ca. 1,5 km nach Masserberg erreichten wir die Rennsteigwarte auf dem Eselsberg. Das ist ein Aussichtsturm direkt am Rennsteig. Man kann täglich ab Sonnenaufgang und bis Sonnenuntergang die 135 Stufen auf die obere Aussichtsplattform erklimmen. Sie ist geschlossen, also wettergeschützt und man hat einen tollen Blick in alle 4 Himmelsrichtungen. Die Infotafeln geben Auskunft, was wo zu sehen ist. So hat man bspw. einen Ausblick bis zum oberen Becken des Pumpspeicherwerkes Goldisthal. Die Rennsteigwarte kann man für nur einen Euro besuchen. Übrigens ist sie das August-Motiv meines Rennsteigkalenders.

Die letzten Kilometer bis Friedrichshöhe ziehen sich. Wir der Ortsname schon vermuten lässt, geht es nochmal aufwärts. Ab der Eisfelder Ausspanne steigt es bis zur Pechleite (839 m) an. Der Rest der Tagesetappe geht bis Friedrichshöhe leicht bergab. Mittlerweile ist es 19:30 Uhr und wir sind froh unsere Unterkunft - die Pension Hirschblick - erreicht zu haben. In der Gaststube kann man zünftig Essen und Trinken. Dann schmeckt das Pils und die Weinschorle besonders gut. Wir hatten auch ein wirklich großzügiges Appartement mit Wohnzimmer, Schlafzimmer und Badezimmer. Gute Nacht.

Tag 6 - 14.04.2022

Etappe von Friedrichshöhe nach Spechtsbrunn - 22,5 Kilometer - 260 Höhenmeter aufwärts; 371 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Gasthaus & Pension "Am Rennsteig"

Wir haben wieder hervorragend geschlafen. Nach 5 Tagen hat man sich an den Rhythmus gewöhnt: wandern - ausruhen & schlafen - wandern - ausruhen & schlafen - usw.

Zugegeben, mi jedem weiteren Tag fällt es etwas schwerer aufzustehen. Das leckere Frühstück in den Unterkünften ist aber eine super Motivation. So auch heute. Heißer Kaffee, gekochtes Ei, Brötchen, Wust & Käse, Marmelade, Joghurt und Obst - es war alles da. Lecker.

Ca. 9 Uhr waren wir wieder auf Tour. Von Friedrichshöhe geht es Richtung Osten nach Siegmundsburg. Der Wald ist hier ganz anders als bspw. in Oberhof- aber echt schön. Vielleicht liegt es daran, dass wir hier auch ein Stück auf dem "Werra-Burgen-Steig" laufen. Wir kommen an einer Schutzhütte an, vor der ein dreiseitiger Steinobelisk steht. Auf deren Seiten sind die Name dreier Flüsse graviert: Weser, Elbe und Rhein. Das ist der sogenannte Dreistromstein. Hier liegen in unmittelbarer Nähe drei Wasserquellen, die im weiteren Verlauf in die drei großen Flüsse Weser, Elbe und Rhein münden. Eine hydrographische Besonderheit, an die dieser Obelisk direkt am Rennsteig erinnern soll. Übrigens ist der Dreistromstein das September-Motiv meines Fotokalenders.

Wir gehen weiter bergab durch den zauberhaften Wald und kommen nach Limbach. Der Ort liegt im Tal und wird zügig durchquert. Wir laufen an der Greiner-Gruft vorbei, die unübersehbar am gegenüberliegenden Hang liegt. In diesem neugotischen Gebäude ist die Unternehmerfamilie Greiner bestattet. Gotthelf Greiner ist der Gründer der Limbacher Porzellanmanufaktur.

Nun führt der Weg wieder aufwärts zum Sandberg (834 m). Hier gibt es links vom Weg einen Aussichtspunkt mit einem fantastischen Blick zur Talsperre Scheibe-Alsbach. Eine Bank mit Tisch lädt zu einer Rast ein, die wir bei herrlicher Aussicht hier gern gemacht haben. Dann ging es weiter Richtung Neuhaus am Rennweg. Hier befindet sich im Ortskern auf einer Höhe von 830 Meter ü.NN der höchstgelegene Bahnhof Thüringens. Zudem gibt es hier einige Einkaufs- und Verpflegungsmöglichkeiten sowie Unterkünfte. Der Rennsteig führt einmal quer durch den Ort. Unser Tagesziel Spechtsbrunn ist noch ca. 10 km entfernt.

An Neuhaus am Rennweg schließt sich unmittelbar Ernsthal an. Hier führt der Weg aber vorbei am Ort und es geht hinauf zum Frankenwaldblick und ca. 800 Meter weiter zum Triniusblick. Hier bietet sich ein toller Blick Richtung Süden zum Frankenwald. Für den späten Nachmittag war Regen angesagt, so dass wir gar nicht lange hier verweilten sondern zügig weiter liefen.

Kurz vor dem Ziel kamen wir am Berggasthof Brand vorbei. Dort stehen Finnhütten, die nicht nur ein schönes Fotomotiv sind. Die Hütten kann man auch ganzjährig mieten und eine schöne Zeit im Thüringer Wald verbringen. Jetzt geht es hinab nach Spechtsbrunn und wir kamen noch rechtzeitig vor dem Regen in unserer Pension an. Unser Zimmer war im Dachgeschoss, sehr geräumig und super ausgestattet. Auf unserer Etage gab es eine kleine Getränkeecke mit Kaffee, Cappuccino und Tee, was wir dann auch gern nutzten. Draußen regnete es und wir tranken heißen Kaffee im Zimmer. Abends beim Essen im Gasthof kamen wir mit anderen Wanderern ins Gespräch. Wir sind uns alle auf dem Rennsteig schon begegnet und hatten das gleiche Ziel: Blankenstein. Zwei von Ihnen kamen aus Berlin und sind bereits in Portugal einen Weitwanderweg gelaufen. Zwei andere kamen aus der Pfalz und liefen den Rennsteig in Gedenken an ein Familienmitglied, welches vor 40 Jahren auch die Runst gemacht hat. Das waren schöne Geschichten.

Tag 7 - 15.04.2022

Etappe von Spechtsbrunn nach Brennersgrün - 19,5 Kilometer - 236 Höhenmeter aufwärts; 219 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Rennsteighaus Brennersgrün

Guten Morgen aus Spechtsbrunn. Der Regen war vorbei und das Wetter recht freundlich. Heute ist Karfreitag und es stand ein Abstecher nach Bayern auf dem Programm, denn der Rennsteig verläuft auch ein Stück durch den Frankenwald. Aber erst einmal frühstücken. Unsere Gastwirtin Frau Dirschauer hat ein leckeres Osterfrühstück zubereitet.

Wieder so gegen 9 Uhr machten wir uns gut gestärkt auf den Weg zur vorletzten Etappe. Was wir gestern hinab in den Ort gelaufen sind, mussten wir nun auf der anderen Seite wieder hoch. Wir trafen auf einen Radfahrer, der auf den Weg nach Leipzig war. Das waren so ca. 140 Kilometer. Respekt. Nach ein paar Kilometern erreichten wir die "Kalte Küche". Das ist ein Naturparkinformationszentrum unweit der Landesgrenze Bayern. Das Besondere: Hier treffen zum einen der Rennsteig und die Thüringisch-Fränkische Schieferstraße aufeinander; zum anderen die drei Naturparke Thüringer Wald, Frankenwald und Thüringer Schiefergebirge. Weiter geht's über einen Asphaltweg Richtung Wald. Es ist sehr ruhig, kaum Autoverkehr zu hören und vielen Menschen sind wir bisher auch nicht begegnet. Vielleicht liegt es am Feiertag. Es dauerte nicht lange, dann sind wir in Bayern. Der Rennsteig führt hier durch den Dichterwald - ein Waldstück an dessen Weg rechts und links Infotafeln über mir einige bekannte aber auch ganz viele unbekannte Dichter stehen. Der Weg führte dann an zahlreichen Weideflächen mit schottischen Hochlandrindern vorbei. Eines davon ist das Oktober-Motiv meines Fotokalenders 2023 "Der Rennsteig".

Ein paar Meter weiter steht das Rennsteig-Mahnmal an der Frankenwaldhütte. Hier wird an die ehemalige Teilung Deutschlands und die Unterbrechung des Rennsteigs gedacht. Dann liefen wir ziemlich unspektakulär der Frankenwaldhochstraße entlang. Abends in der Unterkunft berichteten unsere Pfälzer Freunde dann, dass es einen zweiten (Rennsteig-)Weg durch den Wald gibt. Der wurde später errichtet um nicht den unspektakulären Weg an der Straße zu laufen. Leider haben wir das zu spät erfahren. Daher der Tipp: An der Frankenwaldhütte muss man links in den Wald einbiegen und dort bleiben. Für die Mittagspause suchten wir uns den Ölschnitzsee aus. In dem Fall war es dann doch gut den Weg an der Straße zu nehmen, denn zum See mussten wir einen kleinen Umweg rechts von der Straße in den Wald machen. Der Ölschnitzsee ist ein künstlich angelegter See mitten im Wald und ein super Rastplatz. Nach unserer Pause ging es zurück zum Rennsteig und in den Ort Steinbach am Wald. Als wir an einer Konditorei vorbeikamen, mussten wir erneut Rast machen. Die Torten sahen einfach zu lecker aus. Also gab es Kaffee und Torte - es war schließlich Feiertag. Außerdem brauchten wir Energie für die letzten 8 Kilometer und 134 Höhenmeter. Ab dem Eppenberg liefen wir entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze parallel zum alten Kolonnenweg. Dieser Weg war schon immer ein Grenzweg, denn es stehen in dieser Gegend sehr viele alte Grenzsteine mit unterschiedlichen Wappen.

Kurze Zeit später erreichten wir unser Etappenziel Brennersgrün. Unsere Unterkunft war das Rennsteighaus. Hier gibt es im Obergeschoss 2 Vierbett- und 1 Doppelzimmer, entsprechende Dusch- und Waschräume sowie eine Küche und einen Frühstücksraum mit TV. Im Untergeschoss gibt es einen großen Versammlungsraum, der vom Rennsteigverein genutzt wird. Das Rennsteighaus ist ein altes Gebäude aber top renoviert, einfach und funktionell ausgestattet und somit ideal für eine Wanderunterkunft. Außergewöhnlich war, dass hier kein Personal vor Ort ist. Alles lief telefonisch über den Betreiber Trattoria-Pizzeria "La Famiglia" aus dem Nachbarort Grumbach. Von dort wurde auch das Abendessen (Pizza) und am nächsten Morgen das Frühstück geliefert. Ein geniales Konzept. Wir haben uns hier sehr wohl gefühlt. Den Abend ließen wir bei Pizza & Wein mit unseren Pfälzer Freunden ausklingen.

Tag 8 - 16.04.2022

Etappe von Brennersgrün nach Blankenstein - 21 Kilometer - 128 Höhenmeter aufwärts; 394 Höhenmeter abwärts -
Unterkunft am Ziel: Das Bett zu Hause

Guten Morgen in Brennersgrün. Heute steht die letzte Etappe unserer Runst an. Tagesziel ist Blankenstein. Aber wie immer: Zuerst lecker frühstücken. Morgens lieferte uns Alexander, der Chef persönlich, unser Frühstück. Vom Vorabend hatten wir auch noch Pizza übrig - die war unser Proviant für den heutigen Tag. Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von den Pfälzer Freunden und machten uns schon kurz nach 8 Uhr auf den Weg, denn in Blankenstein fuhr unser Zug bereits 16:30 Uhr ab. Am Ortsausgang Brennersgrün führte der Weg wieder in den Wald. Die Sonne schien durch die Bäume. Diesen Moment habe ich eingefangen und als November-Motiv in meinem Fotokalender 2023 "Der Rennsteig" aufgenommen. Wir laufen weiter Richtung Grumbach aber am Ort vorbei. Hier steht ein rustikaler Stuhl mit der Aufschrift "Wanderkönig" - ein tolles Fotomotiv. Wenig später treffen wir in einem Waldstück einen ca. 60-jährigen Wanderer, der uns morgens bei kühlen Temperaturen in kurzer Hose entgegen kam. Er sprach uns an und wollte einige Infos zu den Unterkünften haben, die wir nutzten. Er macht die Runst als Probelauf und will im Sommer eine Wandergruppe über den Rennsteig führen. Warum er bei den kühlen Temperaturen in kurzer Hose lief beantwortete er so, dass er nur eine lange (trockene) Hose dabei hat, die er nachts trägt. So spart er Gepäck. Geschlafen hat er übrigens in Schutzhütten.

Der Weg führt weiter Richtung Osten nach Schlegel. Dort steht der älteste Apfelbaum im Thüringer Wald. Er soll 400 Jahre alt sein. Ab hier verläuft der Rennsteig nicht mehr durch den Wald, sondern durch Ortschaften, über Hügel und Wiesen. Ähnlich wie am ersten Tag nach dem Start in Hörschel. Wir nähern uns also dem Ziel. Man kann den Ort an der Saale schon von Weitem sehen. Der Weg führt in Blankenstein durch ein Wohngebiet zum Bahnhof. Dahinter geht es an der Touristinfo hinab zum Selbitzplatz mit der Selbitzbrücke. Hier werfen wir unseren Kieselstein von der Werra in die Selbitz/Saale und sind überglücklich angekommen zu sein. Übrigens ist die Selbitzbrücke das Dezember-Motiv meines Fotokalenders 2023. Es kommen nun immer mehr Wanderer an, auch unsere Berliner Freunde. Gemeinsam belohnen wir uns mit einer Thüringer Bratwurst am Wanderstützpunkt. Von ihnen haben wir erfahren, dass auch die Familie mit den drei Kindern auf der letzten Etappe ist. Also haben sie es auch geschafft. Wunderbar.

Wir lassen uns noch schnell eine Urkunde am Wanderstützpunkt ausdrucken und machen uns los zum Bahnhof. Hier kam nochmal kurz Hektik auf, denn ausgerechnet an diesem Tag gibt es Schienenersatzverkehr bis nach Bad Lobenstein. Es hat aber alles geklappt. Wir sind gegen 19 Uhr wieder gut in Erfurt angekommen.  


Fazit:
8 Tage wandern und 169,3 Kilometer liegen nun hinter uns. Wir sind geschafft aber glücklich. Es ist erstaunlich, wie schnell sich der Körper regenerieren kann und sich an die Belastung gewöhnt. In dieser Zeit waren drei Dinge wichtig: Verpflegung, eine Dusche und ein Bett. Obwohl wir Wanderer trafen, die mindestens eines davon nicht hatten, wollte ich es nicht missen. Es ist ja keine Survivaltour, sondern Urlaub. Eine Rennsteigwanderung ist auf jeden Fall ein echtes Abenteuer und bedeutend mehr als nur wandern. Viel Natur, ganz unterschiedliche Flora und Fauna, tolle Menschen, ganz unterschiedliche Unterkünfte, einzigartige Erlebnisse und schöne Geschichten gibt es hier zu entdecken. Und man bekommt den Kopf frei. Es war wunderbar. Die nächste Rennsteig-Tour ist in Planung - diesmal mit dem Bike!

Die schönsten Spots meiner Rennsteigwanderung habe ich in einem A3-Fotokalender für das Jahr 2023 zusammengefasst. Erhältlich ist er bei mir im Online-Shop: https://friemar-photography.de/produkt/fotokalender-rennsteig-2023/

Weitere Fotoimpressionen